Der alte Großvater - Homepage von Christian Greisinger

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Der alte Großvater

       
Es  war einmal ein Großvater, der schon sehr, sehr alt war. Seine Beine  gehorchten ihm nicht mehr, die Augen sahen schlecht, die Ohren hörten  nicht mehr viel und Zähne hatte er auch keine mehr.
       

Wenn  er aß, floss dem alten Mann die Suppe aus dem Mund. Der Sohn und die  Schwiegertochter ließen ihn deshalb nicht mehr am Tisch essen, sondern  brachten ihm sein Essen hinter den Ofen, wo er in seiner Ecke saß.
       

Eines  Tages, als man ihm die Suppe in einer Schale hingetragen hatte, ließ er  die Schale fallen und sie zerbrach. Die Schwiegertochter machte dem  Greis Vorwürfe, dass er ihnen im Haus alles beschädige und das Geschirr  zerschlage, und sagte, dass sie ihm von jetzt an das Essen in einem  Holzschüsselchen geben werde. Der Greis seufzte nur und sagte nichts.
       

Als  der Mann und die Frau einige Tage später zu Hause beisammen saßen,  sahen sie, dass ihr Söhnchen auf dem Fußboden mit kleinen Brettern  spielte und etwas zimmerte.
       

Der  Vater fragte ihn: 'Was soll das denn werden, Mischa?' Und Mischa  antwortete: 'Das soll ein Holzschüsselchen werden, Väterchen. Daraus  werde ich dir und der Mutter zu essen geben, wenn Ihr alt geworden  seid.'
       

Der  Mann und die Frau sahen sich an und weinten. Ihnen wurde plötzlich  bewusst, wie sehr sie den Greis gekränkt hatten und sie schämten sich.  Fortan ließen sie ihn wieder am Tisch sitzen und waren freundlich zu  ihm.
       
nach Lev Tolstoi
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